Poolhopping auf Kreta

Mai 25, 2010    

Frisch zurück von der Lübbe+TUI-Aktion “Autoren auf der Insel” die Ricard Dübell und mich nach Kreta brachte, wo wir  Werbung für unsere Bücher machten, und da ich einen Reisebløg für Lübbe schreiben durfte, werde ich den einfach hier posten. Außerdem gibt es die ersten Live-Termine und NELE & PAUL wird eeeendlich als Taschenbuch ausgeliefert.

Viel Spaß!

Und so zwang mich mein Verlag zu diesem Reisebløg:

Sie sagten: Lieber Michel, mach bitte deine längste Anreise aller Zeiten, um eine Honorarfreie Leseshow zu machen, bleib ein paar Tage vor Ort, steh Journalisten zur Verfügung, mach ein paar Fotoshootings, und schreib uns noch einen ausführlichen Reisebericht darüber. Übrigens: Wir können dir leider auch dafür kein Geld dafür geben…

Mein Verlag ist nicht ohne Grund mein Lieblingsverlag. Es ist ein bisschen wie in einer guten Beziehung: Auch wenn man nicht alles versteht, was der andere macht, weiß man, dass es gut gemeint ist und ich bin jeder Zeit bereit, die merkwürdigsten Dinge für meine Süß… ähm, meinen Verlag zu machen. Aber. Nach 20 Jahren Touren hasse ich lange Anreisen, des weiteren haben Gratisauftritte die unangenehme Nebenwirkung, oft sehr schlecht und lieblos organisiert zu sein, und dann noch einen Reisebericht…?? Sollte ich Ablehnen und Stress riskieren? Oder sollte ich einfach mal wieder darauf vertrauen, dass mein Verlag es gut mit mir meinte?

Nach ein paar Stunden Grübeln, entschied ich mich. Leicht bekümmert rief ich den Verlag zurück und sagte. ABER KLAR DOCH! LIEBEND GERN! UND FÜR LAU! GAR KEIN PROBLEM!

Kaum hatte ich zugesagt, erwähnte mein Lieblingsverlag, ach so, ja, die Lesung fände in einem 5-Sterne-Hotel auf Kreta statt und ich könne noch eine Woche bleiben, wenn ich wolle, alles frei und könne noch jemanden mitnehmen und auch selber bestimmen, wie der Reiseblog aussehen soll…

Vertrauen lohnt sich.

Also Reisebløg. Ist wirklich ok. Auch nach 15 Jahren Dauerschreiben, schreibe ich noch gerne. Was mich allerdings fertig macht, sind die FacebookTwitterMyspaceXing-Bombardierungen. Bald muss ich mich entscheiden, ob ich weiterhin Romane schreibe oder stattdessen meine FacebookTwitterMyspaceXing-Anfragen beantworte. Wenn’s wenigstens Einladungen für Partys wären, aber nein, meistens Fragen, die ich schon auf der Homepage beantworte.

Also Reisebløg. Ja. Hm. Also, Kreta soll ja schön sein, aber in Reiseblogs will man doch eh nur erfahren, wie das Meer ist (Grossartig!), das Essen (Gut!), die zwischenmenschlichen Momente (XXXXXXXX Auf Anraten des Verlaganwalts gestrichen), und – als Attribut an das Alter – die Betten. (Sehr gut!)

So erhoffte ich es mir zumindest, aber die Wahrheit ist, dass die Griechen streikten, als wir – Meine gutgelaunten Lübbebetreuer und Autor – Nachts um 3h am Frankfurter Flughafen ankamen und auf einen Bildschirm starrten, der uns klarmachte, dass der Flug nicht in 2 Stunden gehen würde, sondern am nächsten Tag um 21h, da fand ich – die Griechen haben irgendwie auch selber schuld. Da will man ihnen Geld bringen und sie lassen einen nicht einreisen. Das es das gute Recht des Volkes ist, sich gegen raffgierige Regierungen zur Wehr zu setzen, vergisst man ziemlich leicht, wenn man nachts ein Flugzeug verpasst…

Aber jedes Leid hat auch seine sonnigen Momente – es folgte einer dieser Augenblicke, wo mein Verlag sich mal wieder als Lieblingsverlag manifestierte. Obwohl 3h Nachts in Frankfurt, jammerte keine meiner beiden Begleiterinnen, stattdessen führten sie mich an die Bar, drückten mir einen Cocktail in die Hand und sagten – passt schon. Und es passte. Während wir versackten, sah ich, wie die übermüdet und einsam wirkende Barfrau ihrem Süßen am Handy flüsternd mitteilte, dass sie gleich nach Hause kommen würde und ich sah ein wunderschönes Lächeln auf ihrem Gesicht und stellte mir vor, wie sie nach einer langen Nacht, müde zwischen die Laken an einen warmen Körper gleitet, und er wird kurz wach, küsst sie mit Schlafatem und murmelt was schönes. Und dann liegen seine Arme um sie und sie schläft ein und ihre Einsamkeit löst sich in Luft auf.

Mit diesem schönen Moment im Hinterkopf, schlief ich ein paar Getränke später in einem Hotelbett ein. Allein. Aber nicht einsam.

Die Anreise

Am nächsten Tag klappte es dann mit der Anreise, Ich hatte im Frankfurter Hotel super geschrieben und war gut drauf, aber als wir auf Kreta landeten war es 1h Nachts und als der letzte übergewichtige Rentner den Bus – teilweise mit tatkräftiger Hilfe – erklommen hatte, war es nach 2h und ich wusste wieder, warum ich mir immer einen Mietwagen nehme. Meine erste Pauschalanreise seit 15 Jahren, war ab Landung eine einzige Demonstration, wie nahe uns der Neandertaler steht. Wenn’s um Fensterplätze geht oder als erster ans Kofferband oder an den Rollwagen oder in die Toilette kommen, erwacht in manchem der Urmensch.

Als ich endlich im Hotel war, war es 4h durch und trotz der späten Stunde, erlebte ich dann noch Freude, Schrecken und Befriedigung.

Die Freude war die Hotelanlage und das „Apartment“, falls man etwas so bezeichnen kann, dass einen Whirlpool im Bad und einen Jakuzi auf der eigenen Terrasse mit vollem Meeresblick nennen kann. (Das Bett – ein Traum!)

Der Schrecken waren dann die … Mücken. Dazu muss man wissen: Auf Kreta heißt es: „Aus einem Elefanten eine Mücke machen.“

Vor 50 Jahren wurden eine Trilliarde ganz normale deutsche Stechmücken eingefangen und nach Saigon gekarrt, wo sie von desertierten Amipiloten ausgebildet wurden. Es folgten 10 Jahre Terrorcamp in Libanon. Danach wurden die Viecher 10 Jahre von der CIA in Kampfsport, Fechten und psychologischer Kriegsführung ausgebildet. Danach folgten 20 Jahre Fitnesstraining und Anabolika, zack, fertig ist die gemeine Kretamücke.

Aber wie ein paar Actionhelden so schön formuliert haben – wenn es blutet, kann es auch sterben. Gesagt, getan. 152 Luftschlachten weiter, hatte ich meine Ruhe und schlief endlich ein. Mit meinem Schlafdefizit war mir klar, dass ich mindesten 24 Stunden durchschlafen würde.

Es wurden drei.

Übers Meer………………

Mitten im Schlaf wurde ich brutal aus dem Schlaf gerissen. Ich warf einen Blick auf die Uhr und dachte, was hat mich geweckt?? Seit dem Massaker gestern Nacht gab es auf Kreta keine Mücken mehr und die neuen sollten erst morgen vom Festland importiert werden. Ich schaute aus dem Fenster, die Sonne ging auf, das Meer war glatt, ein paar Vögel sangen, ein einsamer Jogger zog die Landlinie nach, alles war friedlich. Was, zum Teufel, hatte mich geweckt???

Erst beim zu frühen Frühstück, fiel es mir auf. Ich wohne in Köln über einen Kinderspielplatz, auf dem die Kinder Tagsüber toben, was mir Spaß macht, aber Abends übernehmen die Assis bis tief in die Nacht. Das Fehlen von Idioten die sich anschreien und sich gegenseitig stundenlang Handytöne vorspielen, hatte mich geweckt. Es war zu ruhig. Niemand nannte jemand eine „Funz“, niemand Asideutschte, keine Kehrmaschiene, Müllabfuhr, oder gar mein geliebtes Laubgebläse… Die Stille war zu laut. Als Großstadtmensch muss man sich da erst mal umstellen. Vielleicht eine Marklücke: CDs mit Großstadtgeräuschen die langsam leiser werden, bis Stille eintritt. Für Großstadtmenschen, die sich sanfter akklimatisieren wollen.

Den ganzen Tag ging es ging so weiter. Pool… Übers Meer schauen.. Lesen… Übers Meer schauen… Mittagessen mit meinen sweeten Lübbebetreuern, die sogar mein Essen vorkosteten! (Lieblingsverlag.)

Dann schrieb ich ein paar Stunden und am Ende verpasste ich fast meine Lesung, weil a) der Tag mit Meerblick mich auf Urlaubsmode umgeschaltet hatte und b) ich Depp vergessen hatte die Uhr umzustellen. (Griechenland hat in den letzten Jahren so geprasst. Die haben sich sogar ne Extra-Stunde besorgt.)

Nach einem freundlichen Anruf, der mich unter der Dusche erreichte, stand ich 10 Minuten später auf der imaginären Bühne vor dem entspanntesten Publikum meines Lebens. Den ganzen Tag übers Meer schauen, dann lecker Essen und schließlich in diese unglaublich tiefen Ledersessel gleiten, in denen schon Kleinfamilien für immer verschwunden waren, da konnte man schon mal „relaxen“ neu definieren. So schraubte ich auch mich auf Meergroove zurück, erzählte von meinen Romanen und meiner Liebe dazu, von meinen Eltern und meiner Liebe zu ihnen. Anschließend signierte ich Bücher, holte mir ein paar Kretatipps, Komplimente und lustige Anreisestorys, und schließlich endete der Abend, Überraschung!, an einer Theke mit einigen Lesungsbesuchern, und der sehr freundlichen Frau Brandes von der Tui, und natürlich waren auch meinen Lübbebetreuer dabei, aber leider ließen sie sich nicht überreden, meine Getränke vorzukosten. Viel verpassten sie nicht, denn nach 2 Bier hatte ich leicht einen im Kahn. Was ein friedlicher Tag so alles kann….

Ich ging in mein Traumapartment, überlegte kurz ob ich den Jakuzi anschmeißen sollte, blieb dann aber, wie so oft, an der Tastatur kleben und schrieb, bis mir irgendwann die Augen zufielen. Mit offenen Terrassentüren grub ich mich ins Traumbett, lauschte den Wellen und nahm mir vor, eine schöne Stelle über das Meer für den Reiseblog zu schreiben, aber die schönsten Stellen, die ich übers Meer sagen und fühlen kann, habe ich in „Was mich fertigmacht…“ Und „Wenn das Leben ein Strand ist…“ bereits geschrieben. Vor allem der in „Was mich fertigmacht…“ berührt mich immer wieder. Mehr kann ich nicht fühlen, besser kann ich nicht schreiben. Also entspannte ich mich einfach und nahm sie, die Wellen, mit in den Schlaf. Ich träumte wellenförmig.

Tag 3

Heute lag ich am Pool. Dann trafen die ersten Journalisten ein, um über „Autoren auf der Insel“ zu berichten. Ein paar kannte ich schon von der Autorenreise nach Dänemark. Großes Hallo. Man aß zu Mittag, und um sich davon zu erholen, hängte man sich schnell wieder an den Pool. Irgendwann ging ich ins Apartment. Auch am dritten Tag muss ich immer noch lachen, wenn ich die Apartmenttür öffne und die Glaswand sehe, die mich von der Terrasse mit dem Jakuzi trennt, und dahinter Atlantik so weit das Auge reicht. Ich schrieb Reiseblog und ein paar Ideen für den Roman (Also den nächsten für 2011, der jetzt schon in der Mache ist, noch bevor DIE BESTE ZUM SCHLUSS im August erschienen ist. Diese Vorlaufszeiten bringen mich manchmal immer noch durcheinander).

Um mich von dem Stress zu erholen – schnell zurück an den Pool. Ich redete mit einer ziemlich lustigen Journalistin, und mit ein paar Leuten, die gestern auf der Lesung gewesen waren, zog ein paar Bahnen und dann trudelten die letzten Journalisten ein, so wie mein Autorenkollege, Ricard Dübell. Wieder großes Hallo und endlich wieder was Essen.

Diesmal speiste man in großer Runde auf einer noch größeren Terrasse unter freien Himmel, hörte einem ziemlich guten Leonard Cohen-Imitator zu, wärmte alte Geschichten auf, fügten eine paar neue hinzu und der Abend wurde Nacht. Ich genoss die Gesellschaft, den Ouzo und das Klima, schaute über die Ferienanlage und nahm mir vor, sie zu erkundigen, wenn alle anderen am Sonntag abreisen. Wird wahrscheinlich ein Tagesausflug. Hm. Das bedeutet, dass ich mich einen ganzen Tag von meinem Pool trennen muss. Das wird hart. Wenn man im Pool treibt, sieht es aus, als würde das Poolwasser nahtlos ins Meer übergehen und weiter draußen in das Blau des Horizonts verschwimmen. Ein großartiger Farbenflash. I love Pool.

Skandal!

Ich bin krank! Als ich heute aufwachte und vom Bett aus auf Meer schaute, vermisste ich allen ernstes Köln. Also nicht Köln, sondern meine Wohnung, meine Arbeitsecke, die Assis unter meinem Fenster. Meinen eigenen Kaffee. Eigentlich ein schönes Zeichen, oder? Ich meine, wenn ich mein Zuhause sogar HIER vermissen kann, scheine ich mich zuhause wirklich wohl zu fühlen. Trotzdem strange.

Heute war der Tag von Ricards Lesung und nachdem ich vorgestern hier selber gelesen hatte, redeten wir über ein paar Dinge, die man besser machen konnte, wo man sich hinstellt, Mikro ja/nein usw.

Es folgte ein stundeslanges lustiges Foto-Shooting an nicht immer ungefährlichen Sets. Spätestens seit Heidi Klums Sendung, weiß jeder, dass posieren anstrengend ist, und so schwankten wir erledigt los. Eine zur Massage, ein paar zum Mittagessen, ein paar zum Flughafen, und… ein Däne zum Pool.

Abends dann Ricards Lesung. Seit einem gemeinsamen Workshop vor ein paar Jahren, bin ich ein Fan von ihm. Wenn jemand es schafft mich für Dinge zu interessieren, die mich eigentlich nicht interessieren, muss er gut sein.

Ricard trat in voller Montur auf und machte die Sache unter nicht ganz einfachen Umständen, super. Es kamen ganz schön viele Leute mitten in seiner Show rein und ein paar Kinder beschlossen das Hotel einzureißen, dazu brummende Elektrogeräte, leicht war es nicht, aber… Es ist immer wieder schön mit ansehen zu dürfen, wie jemand auf der Bühne reagiert, wenn die Umständen schwierig sind. Da trennt sich der Spreu vom Weizen. Weizen-Ricard.

Anschließend fand sich eine noch größere Runde als gestern ein, um auf der fetten Terrasse zu versacken. Schon komisch, was einem alles wieder einfällt, wenn man mit Ouzo unter freien Himmel in einer lustigen, entspannten Runde sitzt. Ein paar der Anekdoten, die ich erzählte, hatte ich schon selber vergessen. Der Ouzo holte sie aus dem Nebel meines Vergessens.

Später in der Nacht, schrieb ich sie schnell auf, um sie mal literarisch benutzen zu können Und das ist ja der Skandal für uns Schriftsteller! Immer diese Vorwürfe, wir würden nur chillen und feiern, aber wir arbeiten IMMER! Sogar wenn wir uns auf dem Dach eines Hotel in Kreta angetrunken totlachen. Workaholics.

Wieso ist Meeresrauschen bloß so schön?

Und wieso ist es gleich noch viel schöner, wenn man es vom Bett aus hören kann? Jedenfalls, ich erwachte lächelnd, schaute auf die Uhr – und sprang aus dem Bett! Wir waren letzte Nacht aufs Schönste versackt, doch um 9h stand ein Fotoshooting mit den Gewinnern der Reise, auf dem Programm. Ich muss sagen, übernächtigt mit Restpromille im Blut geht so ein Shooting doch locker von der Hand. Machte Spaß. Nur die Bilder muss ich nicht sehen…

Bis auf 2 Journalisten und Richard, verabschiedeten sich dann alle Richtung Deutschland. Es wurde gemurrt, weil wir noch bleiben konnten, doch wie so oft, stellte sich erst später heraus, wer Glück und Pech hatte. Aus der großen Runde wurde kleine Runde. Vor Schreck zog es uns an den Pool, aber dort hielt es uns nur kurz, dann hüpften wir doch lieber in Meer. Es war… frisch. Aber die Wellen waren gut. Und überhaupt, Mann, Meer… Normalerweise versuche ich 2x im Jahr ans Meer zu fahren, aber letztes Jahr war turbulent geendet und als ich nachrechnete, stellte ich fest, das es fast ein ¾ Jahr her war, seitdem ich am Meer gewesen war. Ich nahm mir vor, in Zukunft besser aufzupassen.

Vom Meer aus, hatte ich einen anderen Blick auf die weitläufige Anlage und nahm mir wieder vor, sie zu erkunden, doch Ricard verwickelte mich in ein Fachgespräch übers Schreiben, das nur durch Mittagessen unterbrochen wurde. Kurz bevor dann auch er und die beiden letzten Journalisten abreisen sollten, erfuhren wir, dass die Isländer Asche den Münchener Flughafen geschlossen hatten. In letzten Tagen war gescherzt worden bitte bitte, Aschewolke komm, dann bleiben wir für immer hier, aber, wie so oft, erfährt man erst später, was so ein Wunsch wert ist. Ok, wenigstens erfuhren sie es, bevor sie in den Bus stiegen und nach Heraklion zurückfuhren. Aber mitten in der Freude, erfuhren wir, dass die Flüge noch nicht offiziell gecancelt worden waren und das Reisende ihre Rechte verlieren, wenn sie nicht zum Flughafen fahren. Also mussten sie tatsächlich losfahren. Aus kleiner Runde wurde letzte Runde.

Ich zog eine Schneise durch das Restaurant, flirtete ein bisschen mit einer sweeten Frau am Nebentisch, bis ein großer Typ sich zu ihr setzte und mich finster anstarrte. Ich entschied mich spontan für einen Sonnenuntergang am Meer.

Wieso sind Sonnenuntergänge am Meer bloß so schön? Sie symbolisieren doch irgendwie Ende des Tages und Abschiednehmen. Dennoch … wow.

Während die Sonne endgültig versackte, landete ich mit einem eiskalten Bier auf meiner Terrasse neben dem immer noch unbenutzten Jakuzi und schrieb 25 Seiten von meinem nächsten Baby, während ruhige Wellengeräusche mich durch die Zeilen trugen. Ein schöner Tag. Danke Leben.

Nur so ein weiterer Tag…

Hahaha, fünfundzwanzig Seiten, schön wär’s!! Ich wollte gestern Abend fünf schreiben und dabei blieb es dann auch, weil mein Hoteltelefon um 22h klingelte. Es war Ricard Dübell und er bat mich, doch hoch in die Bar zu kommen, weil er und Susanne, die letzte verbliebene Journalistin, doch wieder vom Flughafen zurückgekommen waren. Ich schleppte mich also gestern Abend noch mit letzter Kraft hoch in der Dachbar. Ouzo, Sternenhimmel, Gespräche, ach, was tut man nicht alles für den Verlag…

Heute früh wollte ich dann eigentlich die Hotelanlage oder Kreta erkunden, doch als ich mir den Wecker auf 7 gestellt hatte, war es so unglaublich ruhig und die Luft war so klar und die Sonne stieg langsam und da sich die wachen Gästen beim Frühstück aufhielten, drehte ich eine Runde, kam an einem unglaublichen Aussichtspunkt über das Meer vorbei und da stand eine Liege und…. 4 Stunden lang stand ich nicht mehr auf. Es war einfach zu schön.

Abends fuhren Ricard und Susanne zum 2ten Mal zum Flughafen. Da mir morgen nur noch ein Tag bleibt, werde ich entweder früh aufstehen und mir den Mietwagen schnappen, um dann den Strichen zu folgen, die man mir auf meine Kretakarte eingezeichnet hat, oder ich stehe später auf und begutachte die Anlage. Und dazu ist mir eine Idee gekommen, wie ich die Anlage besichtigen kann ohne das Poolen zu vernachlässigen: Poolhopping!

Die Anlage soll über 30 Pools haben. Ich werde alle durchschwimmen und zwar – ohne zwischendurch ein Bier zu trinken!! Hammer!!! Kann ja nur eine Frage der Zeit sein, bis Raab daraus eine Show macht.

Pool-Hopping – ein Versuch.

Gestern Abend, ich lag im Bett und fummelte an meinem Baby (Laptop) herum, plötzlich: MODERN TAKING! LAUT!!! Arrghhhh!!!! Was war denn nun?? Als nächstes folgte Prince. Genau so laut. Schon besser, obwohl ein paar Frauenstimmen gleichzeitig dieses debile Huuu-huuu machten, was sich in den letzten Jahren als Partyschrei durchgesetzt hat. Ich erklärte meinem Baby, dass ich noch mal losmusste und zog, auf der Suche nach einer Erklärung, zur großen Dachterrasse im Eingangsbereich. Ausgerechnet in der ERSTEN Nacht ohne die Verlagsmannschaft fand ein Themenabend statt. Das Thema fand ich zwar am ganzen Abend nicht heraus, aber ein DJ bat zum Tanz, doch ich machte den Schriftsteller: Ich setzte mich an der Theke und dachte künstlerisch-wertvoll nach. Mir kamen Fragen.

1) Was passiert eigentlich bei Feueralarm im Gefängnis?

2) Wieso ist der Himmel blau? (Außer in Köln)

3) Was geht in den Köpfen junger überdrehter Russinnen vor, die sehr sehr gerne, sehr sehr oft, begeisterte Schreie beim Tanzen ausstoßen, während sie an ihren Armkuhlen schnuppern?

4) Und wie kriegt ein Hotel eigentlich 5 Sterne? Das Royal Blue hatte ja 5 Sterne und wenn ich sie verteilen sollte, dann für…
*) Vom Bett aufs Meer gucken, *) Regendusche, *) Freundlichkeit des Personals, *) Die Pools, * ) Und, auch wenn es ein ökologisches Foul ist, für den Jakuzi auf der Terrasse über dem Meer. Spätrömische Dekadenz vom Feinsten.

Ich trank noch was. Mir fielen weitere Fragen ein. Ich behielt sie für mich, hörte Russinnen beim Jauchzen zu und ließ es spät werden.

Der Wecker tat seinen Job um 6h. Sonnenaufgang. Wow. Mich haute es wieder um. So banal. So besonders. Ich frage mich, ob Meerbewohner, also nicht Fische, sondern am Meer lebenden Menschen, eines Tages dieses Wunder nicht mehr wahrnehmen, wie in richtigen Beziehung. Die alltägliche Schönheit übersehen.

Als ich mich endlich loseiste, war es zu spät für die Inselrundfahrt, also warf ich mich ins Abenteuer: POOLHOPPING!!

Woran erkennt man Singles im Sonnenurlaub? Verbrannte Flecken auf dem Rücken. Es gibt nun mal Stellen, da kommt man selber ohne Gummiknochen nicht hin. Innerhalb von Stunden kennzeichnet dich die Sonne als Partnerlos. Ganz besonders toll zwischen 100 Pärchen. Ich zog dennoch los.

Das Sensimar Royal Blue hat, wie mir das Hotelmanagement versicherte, 38 Pools. 2 davon sind mit Salzwasser, der Rest mit Süßwasser gefüllt. „Nur“ 10 der 38 Pools waren frei zugänglich. Die restlichen 28 waren auf Apartmentparzellen. Ich schaute mir ein paar von außen an. Frisch Verliebte lagen händchenhaltend herum. Ein Traum. Für andere. Als Single hatte ich da nichts zu lachen.
Von den restlichen Pools waren weitere 7 Gemeinschaftspools für bestimmte Apartmentgebäude mit jeweils 4 Einheiten. Die nahm ich mir vor.

An dem ersten Pool saß ein Ehepaar Ende Sechzig und las. Die beiden guckten ganz prima, als ich ihnen einen Guten Morgen wünschte und durch ihren Pool schwamm.

Der nächste Pool war Herren- und Damenlos. Ich kam ungehindert hindurch.

An dem dritten spielte ein Kind mit seiner Mama. Es war die tolle Frau aus dem Restaurant. In Bikini sah sie womöglich noch besser aus. Ich plantschte, bis Papa rauskam. Er musterte die Singleverbrennungen auf meinem Rücken und runzelte die Stirn. Oh, ohh… Schnell weiter.

In Nummer 4 schwamm eine leere Luftmatratze. Hätte ich gewusst, was mich in 5 erwartet, hätte ich mir ein bisschen mehr Zeit gelassen, doch ich sprang rein und raus und dann wurde es tricky, denn in Pool Nummer 5, dann trieb ein etwa 2 Meter großer und 2 Meter breiter Russe, den ich schon am Vortag am anderen Pool gesehen hatte. Er hatte ein riesiges Engelflügel-Tattoo auf seinem Rücken. Was sollte mir das sagen? War er Gabriel? Fuhr er Harley? Hatte er sich das Motiv nach 7 Flaschen Wodka ausgesucht?? Ich überlegte, ob er es merken würde, wenn ich über ihn hinweg liefe, wie einst James Bond über Krokodile, doch im selben Moment hob er den Kopf und schaute mich an. Erst gestern hatte ich gehört, wie er mit seiner Frau sprach und das war wahrscheinlich seine romantische Stimme gewesen. Er brummte ein paar bassige Silben und an dieser Stelle wurde das Poolhopping schlagartig verkürzt.

Ich ließ die restlichen Gemeinschaftspools sein, verbrachte ein paar Minuten an dem zweitgrößten Pool „Silentpool“, an dem nicht gesprochen werden darf. Ergo, waren keine Frauen da, also zog es mich zu meinem geliebten riesigen Salzwasserpool. Ich versackte mal wieder mit Meeresblick, vergaß nicht, die eine oder andere Verhaltensart meiner Nachbarn für spätere Zwecke zu notieren, und buchte den Tag somit als Recherche ab. I love Schriftstellerei.

Abends schwamm ich in die Sonne, als sie unterging. Ein großartiger Tag. Mir fehlte zwar eine gute Frau an meiner Seite, aber ich war sehr zufrieden mit dem Mann. Früher hätte ich den Russen gebeten Platz zu machen, um mir zu beweisen, dass ich ein richtiger Kerl war. Heute war ich lieber glücklich. Seit Jahren gehe ich Stress aus dem Weg und muss sagen: Der Pfad des friedvollen Dänen tut mir gut.

Nach einem schönen letzten Abend mit versch. schönen Verabschiedungen (Eine Putzfrau hatte in der Woche realisiert, dass ich auf die kleinen Schoko-Schweinerein stand, die sie täglich auf das Bett legte, und brachte mir 10 Stück zum Abschied vorbei… Nicht zu vergessen die Restaurantmanagerin, welch ein toller Gang!), lässigem Packen und Schreiben, startete ich den nächsten Morgen mit einem letzten Sonnenuntergang. Der Anblick trug mich durch die ganz Rückreise. Sogar, als ich die Maschine in D. verließ und realisierte, dass ich in Düsseldorf gelandet war…

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