DEUTSCHLANDS RECHTSRUCK

November 12, 2019    

Immer häufiger erreichen mich besorgte Fragen aus meiner alten Heimat, was denn in Deutschland los ist. Der Rechtsruck ist aktuell ein weltweites Phänomen, auch meine Dänen haben damit zu kämpfen. Dennoch hat ein Rechtsruck in Deutschland natürlich eine besondere Außenwirkung.

Wenn man sich die deutsche Geschichte der letzten 100 Jahre anschaut, lässt sich vieles erklären. Wenn man die Umstände „ww1“ versteht, versteht man die Entstehung „ww2.“ Wenn man „Gehlen“ versteht, versteht man „NSU“. Wenn man „Gründungsmitglieder der CDU“ googelt, versteht man das Sprichwort „auf dem rechten Auge blind.“ Wenn man die „Wiedervereinigung“ versteht, versteht man die „AfD“. Doch das wirkliche Problem wird kaum diskutiert: Im Land herrscht ein eklatanter Mangel an Empathie, Vertrauen und Liebe. In allen Umfragen zu diesen „Softskills“ ist Deutschland weit abgeschlagen.

Es gab eine interessante Studie zum Thema Glück. Es kam heraus, dass Vertrauen die Basis von Glück ist. Vertrauen in sich selbst, in den Staat, in die Zukunft, in seinen Mitmenschen.
Wenn man die Deutschen fragt, ob sie ihre Mitmenschen vertrauen, schätzt mal, wie viele Ja sagen …
a) 4%
b) 27%
c) 53%

Wenn man bedenkt, dass Nachkriegsdeutschland von schwer traumatisierten Menschen aufgebaut wurde, und sich zudem noch mit der „Preußen-Kultur“ und der bis vor wenigen Generationen angewendete „Nazi-Pädagogik“ auseinandersetzt, versteht man vielleicht, welche Aufgaben die Deutschen im Zwischenmenschlichen immer noch zu bewältigen haben.

Ich kann gut verstehen, dass viele Deutsche bei dem Thema „Rechtsradikal“ und „Nazi“ empfindlich sind, dennoch wird die Lösung NIE im Gegeneinander liegen. Falls wir die Situation ändern wollen, müssen wir Wege Miteinander finden. Leider höre ich diesbezüglich kaum Vorschläge, stattdessen wollen manche die AfD verbieten. Die NSDAP wurde zu Hitler-Zeiten auch mal für ein paar Jahre verboten. Wir wissen, was das brachte. Der Wunsch nach einem Verbot ist verständlich, aber keine Lösung.

Gewalt ist übrigens auch keine Lösung. Gewalt erzeugt Gegengewalt. Weiß ja eigentlich jeder. Was aber erstaunlich viele nicht bedenken: Das betrifft auch sprachliche Gewalt, denn…
SPRACHE SCHAFFT WIRKLICHKEIT, wie wir u.a. in Halle merkten.
Ich bin immer wieder perplex, wie schlecht manche Leute mit anderen sprechen/schreiben und sich gleichzeitig über eine Verrohung der Sitten wundern. Als hätte ihr eigenes Verhalten nichts damit zu tun. Jeder von uns gestaltet unsere Welt jederzeit mit. Jeder.

Man muss ja nicht jeden mögen, aber mit ein bisschen Empathie und Klugheit kann man fast jeden verstehen, auch AfD-Wähler. Das sind übrigens Menschen. Wir haben hier ein menschliches Problem und noch nie haben Beschimpfungen zu einer Lösung geführt. Wir sollten uns besser fragen, warum AfD-Wähler die AfD wählen und wie sich das wieder ändern lässt, stattdessen wird der Umgangston zunehmend aggressiver und die Vorwürfe dümmer… Nochmal:
SPRACHE SCHAFFT WIRKLICHKEIT.
Wenn wir in diesem Ton so weitermachen, ist die Richtung vorgegeben, es ist dann eine Zeitfrage, bis schlimmeres passiert und dann werden sich alle wieder fragen, wie konnte das passieren? Genauso wie es jetzt gerade vor unseren Augen mit unserem Zutun passiert – in dem man eine Spirale des Gegeneinanders kultiviert.

Wie gesagt, ich kann jeden Deutschen verstehen, der bei dieser Problematik mal die Sachebene verlässt. Aber. Solange wir so herablassend und Empathielos über- und miteinander reden, erreichen wir das Gegenteil, von dem was wir wollen: Wir schimpfen über die Zustände und sorgen zugleich dafür, dass sie sich verschlechtern.

Deswegen bitte ich jeden von uns, sich wie ein Erwachsener zu benehmen und dieses Problem lösungsorientiert anzugehen, statt es zu verschlimmern.
Fragen wir uns mal, wie wir mehr Empathie, Vertrauen und Liebe in unsere Gesellschaft kultivieren können und Danke an alle, die das bereits tun.

Communication is the key & Make love not war.

Euer Däne
PS: b)

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